Unabhängiges Magazin für Wirtschaft und Bildung

21. Juli 2024

Search form

Search form

Klare Handschrift

Klare Handschrift© Johann Binder

Ein Waldviertler Tischler kam über Umwege wieder zum Holz zurück und wurde Holzkünstler. Bei der Arbeit lässt er sich gern über die Schulter schauen.

Hölzerne Gebrauchsgegenstände in der Form von Kugeln, Vasen, Blumen, Eiern oder Herzen entstehen in Werkstatt von Johann Binder in Arbesbach im Bezirk Zwettl. Der gelernte Tischler entdeckte erst 2009 die Leidenschaft für das alte Handwerk des Drechseln.
Kreativ war der gebürtige Kamper schon immer. „Die Strukturen des Holzes zu betonen und herauszuarbeiten, ist meine große Leidenschaft“, erklärt der 47-jährige. „08/15-Objekte sind nicht das Meine. Ich drücke ihnen immer meine ganz eigene Handschrift auf.“ Und die besticht durch Geradlinigkeit. Puristisch und klar sind Binders Objekte, die Beschaffenheit des Holzes steht dabei im Vordergrund.
Hunderte Holzobjekte hat Johann Binder, der sich selbst als Holzkünstler bezeichnet, bereits auf niederösterreichischen Märkten verkauft. Rund 25 verschiedene Hölzer, darunter Zirbe, Föhre, Apfel Zwetschke, Nuss, Birne sowie Weide, Erle, Zeder und Ulme, verwendet der Waldviertler für seine einzigartigen Arbeiten.

Vom Kranführer zum meisterlichen Holzkünstler
„Die meisten Hölzer stammen aus der Region. Die Zirbe beziehe ich aus der Steiermark und aus Tirol.“ Je nach Objekt benötigt er zwischen 30 und 120 Minuten. Mindestens fünf Arbeitsschritte werden dazu benötigt. Welche das sind, können Interessenten selber herausfinden. Johann Binder lässt sich nämlich beim Arbeiten gern über die Schulter schauen. Für ihn ist es das Schönste, sein Können anderen Menschen zu vermitteln. „Damit haben sie dann auch den Bezug zum Objekt.“
Johann Binder war nach einer mehrjährigen Unterbrechung ein Wiedereinsteiger. Nach seiner Tischlerlehre wechselte er die Branche und verdingte sich als Turmkranführer auf großen Baustellen. In der Karenzzeit für seine beiden Kinder entdeckte er wieder die Freude am Werkstoff Holz. Vor drei Jahren meldete er schließlich das Gewerbe zur Herstellung von kunstgewerblichen Gegenständen an.
Das Geschäft läuft, und Johann Binder steht unermüdlich an seiner Drechselbank. „Ich möchte damit auch anderen Mut machen, beruflich umzusteigen“, sagt er. „Ich habe diesen Schritt in die Selbständigkeit nicht bereut. Für mich war Holz schon immer etwas überaus Faszinierendes. Wenn man ihm bei seiner Bearbeitung die Natürlichkeit belässt, bleibt es auch lebendig.“

Links

NOe-Wirtschaftspressedienst/red/stem, Economy Ausgabe Webartikel, 12.04.2016

Räuber fördern Gemeinschaftssinn

Räuber fördern Gemeinschaftssinn© piqs.de/wolfjork

Die Rolle des Raubdrucks für die soziale Evolution wurde bislang stark unterschätzt.

Die Arbeitsteilung ist nicht nur dem Menschen bekannt. Es gibt sie auch bei Buntbarschen: Die kleinen Fische graben eine Bruthöhle und Verstecke, die großen verteidigen die Gruppe. Für die Evolution eines so komplexen Sozialverhaltens ist der Druck durch Raubfische und Konkurrenten verantwortlich, berichtet der Österreicher Michael Taborsky von der Universität Bern mit Kollegen im Fachjournal "Pnas".

Dominante Individuen
Die Forscher haben am Südende des Tanganjikasee in Sambia bei acht Gruppen von Buntbarschen die Gruppenstrukturen und soziale Rollenverteilung studiert. Die Jungfische verlassen oft nicht ihr heimatliches Territorium, sondern verdingen sich als Bruthelfer für ein dominantes Pärchen, das sich als einziges fortpflanzt. Sie ziehen dessen Junge auf, graben schützende Verstecke und Bruthöhlen, und verteidigen die Gruppe, die bis etwa 30 Individuen zählen kann.
Solche ein Sozialverhalten wird bei vielen Arten damit erklärt, dass die Tiere die Weitergabe von Teilen ihres eigenen Erbguts fördern, weil die dominanten Individuen ihre Geschwister oder Eltern sind. „In diesem Fall spielen Verwandtschaftsverhältnisse aber kaum eine Rolle“, sagt Taborsky, der am Institut für Ökologie und Evolution der Uni Bern forscht.

Helfer müssen spuren
Einerseits bringt die hohe Sterblichkeit oft den Wechsel des dominanten Paares mit sich, andererseits wechseln die Helfer immer wieder die Gruppe, etwa weil sie anderswo weniger Arbeit leisten müssen oder eher die Chance sehen, einmal zum Anführer aufzusteigen.
Damit die Helfer in der Gruppe bleiben dürfen, müssen sie Arbeit leisten, die die dominanten Fische ihnen abverlangen. „Das läuft über ständige Aggression gegen sie, wenn die Helfer nicht ordentlich spuren“, so der Forscher. Doch im Angesicht der Konkurrenten und Räuber bleibt ihnen keine andere Wahl: „Wenn solch ein Buntbarsch nicht Mitglied in einer Gruppe ist, hat er praktisch keine Überlebenschance.“

Gruppenstruktur
Abhängig vom Raubdruck unterscheiden sich die Gruppenstruktur und das Sozialgefüge der Fische. Denn die kleinen Helfer sind bei großem Raubdruck die ersten Opfer. Umgekehrt verhält es sich bei den großen Fischen: Je mehr Räuber in der Gegend sind, umso eher bleiben sie bei dem dominanten Brutpaar. Denn in diesem Fall haben sie nur sehr geringe Chancen außerhalb der Gruppe zu überleben.
Der Raubdruck wurde auch bisher schon als wichtiger Auslöser für Gruppenbildung angesehen, denn die einzelnen Mitglieder profitieren vom Schutz der Gruppe. Mit der Komplexität sozialer Strukturen hat man ihn jedoch noch nicht in Verbindung gebracht. Daher ist seine Rolle für den Übergang von einfachen zu höheren Sozialstrukturen in der sozialen Evolution stark unterschätzt worden.

Links

APA-Science/red/stem, Economy Ausgabe Webartikel, 12.04.2016

Hereinspaziert

HereinspaziertBilderbox.com

Ein Wiener Neustädter Start-up will den Ticketverkauf revolutionieren und damit ein brachliegendes Feld des mobilen E-Commerce bearbeiten.

Immer mehr Eintrittskarten werden online verkauft und mit mobilen Endgeräten eingelöst. Das hat die keyper GmbH aus Wiener Neustadt bewogen, ein Komplettangebot zu entwickeln. Geschäftsführer Andreas Kienbink erklärt, dass es sich um das weltweit erste „Mobile Ticket Delivery Service“ handle, das auch ein zusätzliches Kommunikationsservice sei.
„Smartphones werden immer mehr zum Ticketkauf genützt. Bis jetzt waren das Organisieren für eine Gruppe und das Verteilen der einzelnen Tickets nicht sehr komfortabel. Das haben wir mit unserer Software geändert“, erklärt Kienbink. Mit seiner Innovation will er in drei bis fünf Jahren der bestimmende Faktor im elektronischen Ticketverkauf sein. Zwar laufen derzeit bereits 30 Prozent des E-Commerce über mobile Endgeräte, aber im Ticketkauf seien es erst zwei Prozent. Hier gebe es noch ein sehr großes Potential.
Besonders für Veranstalter bietet die Lösung einige Vorteile: Denn bei der Weitergabe des Tickets wird jeweils ein neuer Barcode generiert und so immer einem bestimmten Besitzer zugewiesen, was die Mehrfachnutzung eines Tickets ausschließt. Dabei können auch Sicherheitsfeatures eingebaut werden.

Praktische Anwendung im Kultur und Kunst
Ein weiteres wichtiges Feature ist zusätzlich der Informations- und Kommunikationskanal. So kann der jeweilige Ticketbesitzer über Veranstaltungsänderungen direkt informiert werden. Angenehm für den Veranstalter ist auch, dass bei Nutzung der unterschiedlichen Plattformen – wie Ö-Ticket oder Facebook – kein fixes Kontingent eingeräumt werden muss und die Oberhoheit des Verkaufs immer beim Veranstalter bleibt. In Vorbereitung ist eine App, die die Tickets direkt bei der Veranstaltung entwertet und so mehr Sicherheit bieten soll.
Die Technologie von keyper wird derzeit schon von der Haydngesellschaft und der NÖ Kulturwirtschaft genutzt. In Vorbereitung ist das Kunsthistorische Museum. Die Kosten für das Ticketing belaufen sich auf 3,5 Prozent des Umsatzes und 90 Cent pro Ticket. Das E-Ticket und Connect, das Vernetzen mit anderen Plattformen, ist ab 190 Euro monatlich erhältlich.
Für 2016 peilt das Start-up-Unternehmen mit vier Mitarbeitern einen Umsatz von 180.000 Euro an.

Links

NOe-Wirtschaftspressedienst/red/stem, Economy Ausgabe Webartikel, 12.04.2016

Das neue Cyber-Ökostystem

Das neue Cyber-Ökostystem© piqs.de/netefect

Computer durchdringen immer weitere Lebensbereiche. Unmittelbar fühlbar sind sie nicht. Wie die Regenwürmer im Gartenbeet fügen sie sich in den modernen Alltag ein. In Wien trifft sich nun die Forscherelite der Cyber-physical Systems.

Daten eintippen, den Computer rechnen lassen, auf das Ergebnis warten – so sah lange Zeit die Arbeit mit Computerprogrammen aus. Aber heute ist alles anders: Computerprogramme steuern den Airbag im Auto, die Temperatur in Häusern und den Takt von Herzschrittmachern. Software und physische Komponenten wachsen also zu integrierten Systemen zusammen. Man spricht von Cyber-Physical Systems (CPS). In der Wiener Hofburg findet vom 11. bis 14. April CPS-Week statt. Rund tausend Forscher aus der ganzen Welt werden erwartet. Die Organisatoren sind IST Austria, TU Wien und AIT Austrian Institute of Technology.

Automatische Autos
„Cyber-physische Systeme werden unseren Alltag völlig verändern“, meint Prof. Radu Grosu von der TU Wien. „Man schätzt, dass bis zum Jahr 2020 auf jeden Menschen ungefähr tausend elektronische Systeme kommen werden.“ In jedem Auto sind schon heute viele miteinander vernetzte Prozessoren eingebaut.
Eines Tages werden Autos automatisch fahren und miteinander aushandeln, wer welchen Weg nehmen soll. Cyber-physische Systeme in Gebäuden werden das Wohnen angenehmer machen. In den Fabriken werden sich Maschinen selbstständig aufeinander abstimmen – unter Schlagworten wie „Industrie 4.0“ oder „Internet of things“ werden diese Entwicklungen zum Teil schon jetzt umgesetzt.

Echtzeit erforderlich
Das bringt neue Herausforderungen mit sich: „Der Faktor Zeit muss in cyber-physischen Systemen ganz anders berücksichtigt werden als in früheren Computerprogrammen“, sagt Prof. Thomas Henzinger vom IST Austria. Lösungen müssen in Echtzeit gefunden werden, sonst kann es – etwa bei der Steuerung eines Flugzeugs – zu einer Katastrophe kommen. Die Antwort muss zwar schnell kommen, aber es muss nicht unbedingt die beste Antwort sein. Denn eine brauchbare Näherungslösung zur richtigen Zeit ist besser als die exakte Lösung, die zu spät kommt.
Ein weiteres Charakteristikum von cyber-physischen Systemen ist ihre intrinsische Unsicherheit. „Wir müssen uns von der Vorstellung lösen, dass sich Computer immer auf eine Weise verhalten, die für uns absolut vorhersehbar ist“, sagt Grosu. „Wir verwenden Modelle physikalischer Abläufe, die niemals ganz vollständig sind, wir haben es mit Sensordaten zu tun, die immer mit Fehlern behaftet sind.“

Faktor Zufall
„Wir sind in der Informatik heute in einer ähnlichen Situation wie die Physik vor hundert Jahren: Ludwig Boltzmann oder Erwin Schrödinger zeigten, wie man in der Physik mit Zufall und Unvorhersagbarkeit umgehen kann. Heute haben wir in der Informatik eine ähnliche Aufgaben zu lösen.“
Cyber-physische Systeme sind nicht dazu da, den Menschen zu ersetzen, sie sollen nützliche und höchst zuverlässige Werkzeuge für unseren Alltag sein. Am Ende soll ein computertechnologisches Ökosystem stehen, das verschiedenste Lebensbereiche durchdringt. „Wir werden täglich mit tausenden Computerprozessoren zu tun haben, sie aber kaum bemerken“, erklärt Radu Grosu. Cyber-physische Systeme werden sich genauso reibungslos in unseren modernen Alltag einfügen wie die Regenwürmer, die unser Gartenbeet fruchtbarer machen, oder die Bäume im Park, die Staub aus unserer Luft filtern.

Links

red/stem, Economy Ausgabe Webartikel, 12.04.2016

Wiener Spitzenforscher

Wiener Spitzenforscher© IMP/ Georg Lembergh

Vier Molekularbiologen erhalten hochdotierte EU-Förderpreise für Projekte in der medizinischen Grundlagenforschung.

Seit 2007 stellen die Advanced Investigator Grants gewissermaßen das Flaggschiff-Programm des Europäischen Forschungsrates (ERC) dar. Unterstützt werden anspruchsvolle und risikoreiche Forschungsprojekte etablierter Wissenschaftler.
Nun erhalten vier Wiener Wissenschaftler aus dem Bereich der Lebenswissenschaften je einen Advanced Grant: An Jan-Michael Peters, Tim Clausen, Jürgen Knoblich und Giulio Superti-Furga werden Fördermittel in der Höhe von jeweils 2,5 bis drei Millionen Euro ausgeschüttet.
Für Knoblich ist es bereits der zweite Grant. Dem stellvertretenden Direktor am Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) ist es 2013 gelungen, aus verschiedenen Arten menschlicher Stammzellen die frühen Entwicklungsstadien des menschlichen Gehirns in einem dreidimensionalen Organkultur-Modell nachzubilden. Solche Mini-Hirne bieten die Möglichkeit, die neuronale Entwicklung in der frühen Entwicklungsphase des Gehirns zu studieren. Ihr Potenzial für die Erforschung von Krankheiten und Entwicklung von Medikamenten will Knoblich nun ausloten.

Wichtige Aufschlüsse zu Krankheiten
Wie Knoblich erhält auch der wissenschaftliche Direktor des Forschungszentrum für Molekulare Medizin der ÖAW, Giulio Superti-Furga, seinen zweiten Grant. In dem Forschungsprojekt soll entschlüsselt werden, wie Zellen das Eindringen von Stoffen kontrollieren. Die Studienergebnisse könnten „zu einem grundlegend neuen Verständnis der Zellphysiologie beitragen und damit den Weg für die Entwicklung neuer Therapien bereiten“, erklärt Superti-Furga.
Zwei Grants gibt es für das Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie (IMP): Dessen wissenschaftlicher Direktor, Jan-Michael Peters, widmet sich der Erforschung der Zellteilung. In Rahmen des geförderten Vorhabens wird er sich auf die Rolle des Moleküls Kohesin beim Timing der Zellteilung konzentrieren. Die Forscher erwarten sich wichtige Aufschlüsse über Krankheiten, die auf Kohesin-Fehlfunktionen zurückgehen.
Auch der IMP-Strukturbiologe Tim Clausen setzt sich mit Störungen in Zellen auseinander. Er untersucht, wie Bakterien mit fehlerhaft gefalteten Proteinen umgehen, die als toxische Ablagerungen eine entscheidende Rolle bei neuro-degenerativen Krankheiten spielen. Clausens Team will mehr darüber herausfinden, wie zelluläre Qualitätskontrolle funktioniert.

Links

APA-Science/red/stem, Economy Ausgabe Webartikel, 12.04.2016

Letztlich erfolgreich

Letztlich erfolgreichBilderbox.com

Anhand des Aufregers HPV-Impfung analysiert ein FWF-Projekt gesellschaftspolitische Prozesse.

Gesundheitspolitische Maßnahmen polarisieren. Die Politikwissenschafterin Katharina T. Paul von der Universität Wien untersuchte die Einführung der HPV-Impfung zur Krebsvorsorge und damit gesellschaftspolitische Prozesse allgemein. Der Wissenschaftsfonds FWF unterstützte die Arbeit Pauls mit einem Stipendium.
Die HPV-Impfung ist umstritten. Ab 2006 wurden Impfstoffe zugelassen, die vor allem Frauen gegen mehrere Stämme des sexuell übertragenen humanen Papilloma-Virus (HPV) immunisieren sollten, darunter auch die, die Gebärmutterhalskrebs verursachen. „Diese medizinische Innovation wurde nicht überall mit Begeisterung aufgenommen“, erklärt die Projektleiterin. Im Gegenteil, das vorgeschlagene Impfkonzept, Kinder gegen sexuell übertragene und krebserregende Viren zu schützen, ließ die Wogen hoch gehen. „Medizinische Versorgungspraktiken sind stark von gesellschaftlichen Diskursen geprägt, nicht nur von Evidenz“, meint Paul.

Schleppende Umsetzung
Wie die Diskussionen in Österreich verliefen, und wer ihre Akteure waren, hat Paul in Gesprächen mit Verantwortlichen aus Medizin, Politik, Industrie, der Zivilgesellschaft und Behörden rekonstruiert. Ihre Ergebnisse hat sie mit der Einführung der Impfung in den Niederlanden verglichen. Dort wurde – nach anfänglichen Bedenken – die Impfung bereits 2008 national implementiert. Auch in anderen europäischen Ländern erfolgte die Umsetzung zügig.
In Österreich dauerte der Prozess mehrere Jahre. Mit dem Ergebnis, dass die HPV-Impfung 2013 in das Kinderimpfkonzept aufgenommen wurde. Im Vergleich zu den Niederlanden, wo nur Mädchen (ab 13 Jahren) eine kostenfreie Impfung erhalten, werden in Österreich aktuell sowohl Mädchen als auch Buben ab 9 Jahren immunisiert.

Diskussionen mit Eltern
Die Einführung einer medizinischen Technologie sei nie einfach, konstatiert Paul. Im konkreten Fall hat sie aufgezeigt, wie im Rahmen des österreichischen Föderalismus an Konzepten und der Impf-Infrastruktur gefeilt wurde, sodass schließlich eine Akzeptanz seitens der Öffentlichkeit erwartet werden konnte.
Erstens sei es gelungen, das Thema zu de-sexualisieren, indem sowohl Mädchen als auch Buben bereits vor der Adoleszenz geimpft werden und die Impfung damit zur Kinderimpfung wurde. Zweitens konnte man so Diskussionen mit Eltern umgehen. Und drittens wurde die Impfung von drei auf zwei Dosen reduziert, womit die Umsetzung innerhalb eines Schuljahres möglich war.

Links

red/stem, Economy Ausgabe Webartikel, 12.04.2016

Lange Finger

Lange Fingerpiqs.de/ari helminen

Die Ladendiebstähle in Niederösterreich gehen dem Gesamttrend entgegen nicht zurück.

Die Kriminalität geht in Niederösterreich insgesamt zurück, aber die Eigentumsdelikte sind davon nicht durchwegs betroffen. Das gilt besonders für den Ladendiebstahl. Wie Innenministerin Johanna Mikl-Leitner in Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage mitteilt, wurden im Vorjahr in Niederösterreich 2.316 Ladendiebstähle zur Anzeige gebracht. 2014 waren es mit 2.313 nahezu gleich viele gewesen.

Für den ohnehin mit geringen Spannen kämpfenden Einzelhandel ist der Ladendiebstahl ein ernstes Problem. Nach Expertenschätzungen beträgt der durch die Langfinger in Österreich angerichtete volkswirtschaftliche Schaden jedes Jahr zwischen 500 und 800 Millionen Euro. Das sind bis zu 1,5 Prozent der gesamten Einzelhandelsumsätze.

Links

NOe-Wirtschaftspressedienst/red/stem, Economy Ausgabe Webartikel, 09.04.2016

628 neue Meister

628 neue Meister© piqs.de/jonathan powell

Niederösterreichs Wirtschaft begrüßt die neuen Kollegen – es schafft nicht jeder den Weg zur Meisterprüfung.

Im vergangenen Jahr haben in Niederösterreich genau 628 Kandidatinnen und Kandidaten in verschiedenen Gewerben die Meister- beziehungsweise Befähigungsprüfung abgeschlossen. Die Prüfungen erfolgen in mehreren Modulen. Die Erfolgsquote bei den einzelnen Modulen liegt zwischen 58 und 84 Prozent.
„Das belegt das hohe Niveau unserer Meisterinnen und Meister“, sagt Sonja Zwazl, Präsidentin der Wirtschaftskammer Niederösterreich. „Die Meisterprüfung ist eben eine hochqualifizierte Ausbildung, hinter der extrem viel Wissen, viel Arbeit und viel Einsatz stecken und die nicht leicht zu bestehen ist.“

Qualifizierter Start uns Unternehmertum
Die Sicherung eines gut qualifizierten Starts ins Unternehmerleben sei jedenfalls in vielfacher Hinsicht entscheidend, betont die WKNÖ-Präsidentin. „Deshalb sind qualifizierte Betriebe die Grundvoraussetzung für die Lehrausbildung. Nur gut qualifizierte Unternehmen können auch eine hochqualifizierte Ausbildung sicherstellen.“
Mit fast 83 Prozent erfreulich hoch liegt weiterhin die Erfolgsquote bei den Unternehmerprüfungen. Die Kennzahl gilt als wichtiger Index für das Interesse an beruflicher Selbständigkeit. 2015 haben 254 der 307 Prüflinge aus Niederösterreich diese Hürde bewältigt.

Links

NOe-Wirtschaftspressedienst/red/stem, Economy Ausgabe Webartikel, 08.04.2016

Teamsport Wissenschaft

Teamsport WissenschaftBilderbox.com

Das Genie war gestern, der ideale Wissenschaftler von heute zeichnet sich durch seine Vielseitigkeit und Teamfähigkeit aus.

Den ‚Super-Wissenschafter‘, dessen optimale Eigenschaften bei einem vom Wissenschaftsministerium veranstalteten Science Talk in Wien gesucht wurden, gibt es nach Meinung prominenter Forscher nicht. Das Podium war sich einig: Wissenschaft funktioniert heutzutage in Teams. Große Bedeutung kommt daher der Organisation zu. Die Mystifizierung der Forschung durch Personalisierung und Genie-Kult sei ein schlechter Dienst an der Sache.
Begabt müssten Topforscher dennoch sein: „Sie sind zugleich gute Manager, Netzwerker, Wirtschafter, Trainer und Pädagogen – und natürlich zeichnet sie echte Freude an ihrem Forschungsgebiet aus“, sagte Thomas Henzinger, Präsident des Institute of Science and Technology (IST) Austria in Klosterneuburg fest. Fast alle tollen Wissenschafter seien auch ausgezeichnete Vermittler in Fachkreisen, aber nicht zwangsläufig gegenüber der Öffentlichkeit. „Und das ist gut so – dafür gibt es andere Profis“, zeigte sich Henzinger überzeugt.

Strategische Auswahl der Kommunikationskanäle
Anders sah das der für seine Vermittlungsarbeit im Vorjahr zum Wissenschafter des Jahres gekürte Wolfgang Neubauer, Der Direktor des Ludwig Boltzmann-Instituts für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie hat durchaus das Bedürfnis, den Menschen „nicht zuletzt aufgrund der Verwendung von öffentlichen Mitteln in entsprechend angepasster Weise zu erklären, warum wir was machen und was die Gesellschaft davon hat.“ Dafür sei eine strategische Auswahl der Kommunikationskanäle und langfristiger Kontakt mit Journalisten unerlässlich, um auch abseits von "Sensationen" wahrgenommen zu werden.
Kritik äußerte Neubauer, der auch an der Universität Wien als außerordentlicher Professor tätig ist, an den heimischen Universitätsstrukturen, die das Arbeiten in Teams, wie es „vorbildlich“ am IST Austria praktiziert werde, nicht zulasse. „Ohne die Ludwig Boltzmann-Gesellschaft wäre das alles nicht möglich gewesen“, meint er in Hinblick auf seine Arbeit.

Links

APA-Science/red/stem, Economy Ausgabe Webartikel, 08.04.2016

Vorurteil widerlegt

Vorurteil widerlegt© piqs.de/josef t rezaie

Autisten handeln nicht unmoralischer als andere Menschen. Das zeigt eine österreichisch-italienische Studie.

Sind Autisten mit einem Gedankenexperiment konfrontiert, in dem sie eine Person opfern müssten, um mehrere andere zu retten, unterscheidet sich ihr moralisches Urteil nicht von dem anderer Personen, die nicht unter dieser Entwicklungsstörung leiden. Über eine entsprechende Studie berichtet ein österreichisch-italienisches Psychologenteam im Fachblatt Scientific Reports.
Die Annahme, dass Autisten stärker dazu neigen, aus mangelndem emotionalen Einfühlungsvermögen zweckorientierter zu handeln und folglich auch eher Schäden für andere Menschen in Kauf nehmen, sei zwar weit verbreitet, jedoch kaum wissenschaftlich untersucht. Das Team um Giorgia Silani von der Uni Wien und Indrajeet Patil von der International School for Advanced Studies in Triest konfrontierten daher erwachsene Autisten und Nicht-Autisten mit den gleichen moralischen Dilemmata.
Im Anschluss daran wurden alle aufgefordert, ein moralisches Urteil dazu abzugeben, ob man eine Person zum Wohle mehrerer opfern könne. Es zeigte sich, dass sich sowohl Autisten wie Nicht-Autisten mit diesem Gedanken kaum anfreunden konnten.

Gleichartige Urteile
„Interessant war für uns nicht nur, dass sie gleichartige Urteile abgaben, sondern vor allem, warum“, so Silani. Im Zuge ihrer Auswertungen konnten die Forscher nämlich zwei unterschiedliche Facetten autistischer Persönlichkeit aufzeigen: Eine davon sei die typische Tendenz, sich aus stressbeladenen sozialen Situationen zurückzuziehen. Im Zusammenhang mit dem Dilemma würden Autisten daher eher verweigern, eine andere Personen zu schädigen, auch wenn dies für die Allgemeinheit besser wäre, so die Wissenschafter.
Auf der anderen Seite könne die Entwicklungsstörung auch mit einer Art Gefühlsblindheit einhergehen. Diese bisher in der Forschung „vernachlässigte Facette“ ist mit verringerter Einfühlungsfähigkeit in das Gegenüber – der sogenannten Alexithymie – verbunden. In der Versuchsanordnung erhöhe das die Tendenz, eine Person zum Wohl der Gruppe zu opfern.

„Es scheint fast, als ob diese zwei Subdimensionen der autistischen Persönlichkeit auf einer Wippe säßen und aufeinander entgegen wirkende Kräfte ausübten. Das endgültige moralische Urteil von Autisten hängt davon ab“, erklärt Patil. Auch bei der Erforschung des moralischen Urteilsvermögens von Personen mit anderen klinischen Störungen wie Multipler Sklerose oder Parkinson sollte auf die Rolle der Alexithymie geachtet werden.

Links

APA-Science/red/stem, Economy Ausgabe Webartikel, 08.04.2016

Pages