„Kommt drauf an!“
Bilderbox.com So lautet die Antwort auf die Frage, ob ein Unternehmen seine Geschäftsprozesse harmonieren sollte. Ihre Prozesse nicht so einfach dahin laufen lassen, das sollten alle.
Nein. Diese Antwort kann etwa für kundenbezogene Prozesse gelten. So macht es etwa durchaus Sinn, wenn die von Land zu Land ihre Eigenheiten aufweisen. Zudem müssen die Fachabteilungen immer davon überzeugt werden, dass auch sie von der Veränderung profitieren werden. Und nicht zuletzt kostet jede Veränderung zumindest Zeit und interne Ressourcen – da stellt sich oft die Frage, ob der Aufwand auch dafürsteht.
Ja. Die Geschäftsprozesse und die IT-Systeme eines Unternehmens sind eng miteinander verknüpft. Kommt es auf der einen Seite zu Veränderungen, hat das immer auch Auswirkungen auf die andere. Werden die Geschäftsprozesse nicht vereinheitlicht, fallen immer wieder zusätzliche Kosten an, etwa wenn bei einer Software ein Releasewechsel durchgeführt wird oder wenn sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen ändern.
Langes Leben
Im Produktionsbereich ortet Michael Achi von IBM wenig Handlungsbedarf: „Kaum Raum für Effizienzsteigerungen – da sind die Prozesse sehr ausgereift.“ Oder anders gesagt, wer das nicht im Griff hat, lebt ohnehin nicht lang. Verbesserungspotenzial sieht Achi bei der Einbindung der Zulieferer und der Lagerhaltung: „Mit den richtigen Werkzeugen zur Risikobewertung kann das im Lager gebundene Kapital um bis zu 30 Prozent reduziert werden, ohne die Produktion zu gefährden.“
Eine Frage, die im Moment viele Zulieferer in der Fahrzeugindustrie bewegt: Wer Teile seiner Produktion auslagern will oder muss, sollte sich ganz genau überlegen, wie er den neuen Standort in seine Organisation einbindet, sagt Achi: „Will ich die Produktion weiterhin von Österreich aus steuern oder sollte das zukünftige chinesische Werk eigenständig agieren. Mach ich das allein, such ich einen Partner.“ Kritische und komplexe Fragen, denn einerseits geht es um Prozessharmonisierung und Effizienz, andererseits wie viel Kontrolle abgegeben wird und wie viel Know-how abfließen kann.
Überdacht
Wie sehr es sich lohnen kann, seine Prozesse zu überdenken, zeigt das Beispiel von Admiral Sportwetten. Der Wettanbieter konnte durch die Umstellung auf dezentralen Druck diee Druckkosten um ein Viertel reduzieren und das Kundenservice verbessern. Die zentrale Informationsquelle in den 200 Wettfilialen sind die Quotenblätter. Die wurden bis vor kurzer Zeit in den Bundeslandzentralen gedruckt und von dort in die Filialen ausgeliefert. Das hatte mehrere Nachteile. Die Wettquoten waren nur zweimal in der Woche wirklich aktuell und die Quotenblätter enthielten oft mehr gelaufene als offene Wettangebote. Dazu wurde ein Sicherheitspolster mitgedruckt – der meist ungelesen in den Container wanderte.
Heute druckt Admiral die Quotenblätter tagesaktuell direkt in den Filialen. Konica Minolta lieferte nicht nur die Multifunktionssysteme, sondern auch die Serveranwendung YSoft SafeQ. Die verteilt die zentral erstellten Quotenblätter selbsttätig, sorgt für das Accounting und ermöglicht eine Beobachtung des Druckverhaltens.
Falscher Ansatz
Lange Zeit wurde die Prozessoptimierung lediglich mit Kosteneinsparungen und der Beschleunigung von internen Prozessen gleichgesetzt. Auf wen man dabei vergessen hatte, ist für unzählige Kunden, die ihre Dienstleister schon nach der Warteschlangenmusik unterscheiden konnten, keine große Neuigkeit. Und es sind seltsamerweise gerade Dienstleister wie Banken, Versicherungen und auch der öffentliche Dienst, die scheinbar auf Kundenzufriedenheit wenig Wert legen.
Den Schlüssel zum zufriedenen Kunden sieht Christoph Strnadl, Software AG, in einem Dokumentenmanagementsystem: „Wenn der Kundenakt irgendwo liegt, keiner weiß wo, wenn der Agent im Callcenter keine Auskunft geben kann, dann darf man sich über verärgerte Kunden nicht wundern.“ Seit etwa einem Jahrzehnt sind die Werkzeuge verfügbar, mit denen auch die komplexesten Prozesse abzuwickeln sind. Entsprechend groß ist der Vorsprung von Branchen wie der IT-Industrie und der Logistik, die diese Tools frühzeitig angenommen haben. Der Rückstand der Dienstleister lässt sich einfach erklären: „Man konnte auch ohne wettbewerbsfähig sein. Das hat sich geändert – Unternehmen wie die BAWAG oder die UNIQA haben das rechtzeitig erkannt und hier investiert.“ Die anderen werden folgen, ist Strnadl überzeugt. Spätestens, wenn der Aktienkurs sinkt.
Post it Kultur
Natürlich haben auch kleinere Unternehmen Geschäftsprozesse – ihre Durchführung obliegt aber meist dem Gewohnheitsrecht. Für eine strukturierte Herangehensweise fehlt die Zeit. Kein Problem, solange man die Übersicht behält. Wenn die aber verloren geht, werden etwa Fristen versäumt oder verliert man die Tuchfühlung zu Kunden.
Da ein kleines Softwarepaket, dort ein Abrechnungsprogramm, jede Menge Excel Sheets, dazu die unvermeidlichen Post it in allen Farbvarianten und das Gedächtnis der Mitarbeiter, das sind die typischen Grundlagen für die Geschäftsprozesse von Kleinunternehmen. Integrierte Geschäftsanwendungen sind für diese Unternehmen meist nicht leistbar.
Waren nicht leistbar. Mit Business ByDesign bietet SAP eine vollständig integrierte Unternehmenssoftware an, die auf Unternehmen ab 10 Mitarbeiter aufwärts ausgelegt ist. Business ByDesign unterstützt eine Vielzahl von Unternehmensprozessen – vom Kundenbeziehungs- und Leiferantenmanagement über Compliance-Prozesse bis hin zum Projektmanagement.
Heikle Beziehung
Ganz nah am Kunden dran müssen die IT-Dienstleister sein, weiß man bei Raiffeisen Informatik. Die Leistungen der Servicer werden aber in der Regel pauschal in technologiebasierten Verträgen dokumentiert. Der Nutzen des berühmt-berüchtigte IT-Servicekatalog ist für den Dienstleister größer als für den Kunden. Eine Steuerung der Kosten und Leistungserbringung ist auf dieser Basis nur schwer möglich, eine weiterreichende Planung ebenso.
Abhilfe schafft die sogenannte IT-Product Service Matrix. Sie gibt dem Kunden die Möglichkeit, ihren Dienstleister auf den Geschäftsprozess bezogen zu managen. Dann geht es nicht mehr um die prinzipielle Leistungsfähigkeit der beigestellten IT-Systeme, sondern ob sie auch in der Lage sind ihre Aufgaben – die Geschäftsprozesse unterstützen – zu bewältigen. Laut Raiffeisen Informatik hat sich die neue Vorgehensweise bereits bewährt, denn sie bewirkt, dass IT und Business immer enger zusammenwachsen.
Economy Ausgabe 999999, 20.09.2012