Flug durch die Wolken
![Flug durch die Wolken](https://economy.at/files/styles/eco_pic/public/webfiles/artikelfotos/Online94/9220529113.jpg?itok=LEJF9yW5)
Cloud Computing ist das IT-Hypethema schlechthin. Aber wie als interessiertes Unternehmen damit umgehen? Fünf Experten geben konkrete Tipps.
Die Vorteile von Cloud Computing liegen auf der Hand. Zum einen die Flexibilität: Wenn die eigenen IT-Ressourcen für die Bewältigung von auftretenden Lastspitzen nicht ausreichen, kann die Wolke bedarfsgerecht zusätzliche Kapazitäten bereitstellen. Im Umkehrschluss reduziert die Wolke auch die Überversorgung mit IT-Kapazitäten. Wenn die Unternehmens-IT auf die höchste zu erwartende Last angepasst wird – im Handel etwa die Weihnachtszeit –, laufen die Systeme das ganze restliche Jahr nur in Teillast, also nicht gerade effizient. Alles in allem wird die Auslastung optimiert.
Im Vergleich zum Betrieb der IT im eigenen Haus und auch herkömmlichen Outsourcing bewirkt die Cloud dank Pay-per-Use eine Senkung der IT-Kosten. Dieser kostensenkende Effekt wird noch einmal verstärkt, da die Provider aufgrund von Skaleneffekten günstiger anbieten können. Dazu wird die eigene IT von der Aufgabe befreit, die Infrastruktur zu betreiben und kann sich auf das Business fokussieren. Aber worauf muss in der Cloud geachtet werden, hier ein paar Tipps von Experten – ohne Anspruch auf Vollständigkeit, denn die Wolke ist komplex:
1. Imperativ Bedarfserhebung
„Der Einstieg ins Cloud Computing erfordert eine sehr genaue Bedarfsanalyse im Unternehmen“, sagt Wilfried Pruschak, Geschäftsführer der Raiffeisen Informatik. Welche IT-Ressourcen sind hausintern vorhanden? Welche Outsourcing-Bezugsmodelle gibt es bereits? Welche Services sollen künftig aus der Wolke bezogen werden? Diese und ähnliche Fragen müssen vorab geklärt werden, um die Vorteile von Cloud Computing in vollem Umfang nutzen zu können.
In diesem Zusammenhang sollte auch überprüft werden, ob die Mitarbeiter in beruflichen Zusammenhängen bereits Clouddienste nutzen, die sie im privaten Kontext kennengelernt haben. Dropbox wird – rechtlich und datenschutztechnisch bedenklich – zum Beispiel gern dort eingesetzt, wo das Unternehmen selbst keine Lösung für die Online-Zusammenarbeit zur Verfügung stellt.
2. Ready?
Bis dato war es umgekehrt: Der Kunde gab die Spielregeln vor, der Dienstleister erfüllte sie. In der Cloud muss sich der Kunde nun einem Standard beugen. Wer seine Applikationen in die private Wolke legen will, muss also überprüfen, ob sie auch cloud ready sind. „Die überwiegende Mehrzahl der Systeme sind virtualisierbar“, sagt Peter Öhlinger von T-Systems in Österreich, „aber es gibt immer wieder Ausnahmen.“
Ist in einem Server etwa eine spezielle Hardware verbaut, kann das die Migration in die Cloud verhindern. Manche Softwarehersteller unterstützen den Weg in die Cloud auch gar nicht – was aber nicht zwangsläufig bedeutet, dass es nicht möglich ist. Und bei so manchem Altsystem gibt es den Anbieter schon längst nicht mehr. „Hier kann die Erfahrung aus vielen Virtualisierungsprojekte sehr hilfreich sein“, empfiehlt Öhlinger die Unterstützung eines Spezialisten.
3. Die richtige Mischung
Es gibt ja mehr als nur eine Wolke. Die Public Cloud, also Services global agierender Anbieter wie Fujitsu oder Google locken mit großen Kostenvorteilen. Die konservativere Variante, die Private Cloud, kann da vielleicht nicht ganz mithalten, aber dafür ist sie ganz auf Sicherheit ausgelegt. „Unternehmen, die die richtige Mischung aus privat und öffentlich finden, sparen – aber nicht auf Kosten der Sicherheit“, sagt Thomas Putz, Kapsch BusinessCom.
4. Vertrauen
Die Cloud hat einen nebulosen, unsicheren Ruf. Zu unrecht. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen können von der Erfahrung ihres Serviceanbieters profitieren. „Sie können mit dem Schritt in die Cloud ihre Sicherheitslage deutlich verbessern“, betont Putz. Finden kleine und mittlere Unternehmen den richtigen Partner, sind ihre Daten in der Wolke sicher besser aufgehoben als im Server unterm Schreibtisch oder in der Abstellkammer.
Und für Unternehmen mit besonders hohen Sicherheitsbedürfnissen gibt es den earthDATAsafe. Das Hochsicherheitsrechenzentrum von Kapsch BusinessCom ist in einem Stollensystem in den steirischen Bergen untergebracht und wird von bis zu 150 Meter hohem Gestein geschützt. Das bietet zusätzlich zu technischen Maßnahmen wie Zutrittskontrollen, Brandschutz und unabhängiger Energieversorgung weiteren Schutz.
5. Absichern
SAP Business by Design, die SAP-Lösung für Unternehmen ab 10 Mitarbeitern, weist eine Verfügbarkeit von 99,8 Prozent auf. Im Klartext, SAP Business by Design steht pro Jahr zumindest 364 Tage zur Verfügung. Diese Verfügbarkeit schaffen die als Kunden angesprochenen Unternehmen in der Regel nicht. Der kritische Punkt der Cloud ist aber die Datenleitung zum Rechenzentrum. Alexander Kintzi empfiehlt daher die Auswahl des Netzanbieters zu prüfen und sich zusätzlich mit einer mobilen Datenverbindung abzusichern. Ansonsten ist der Schutz vor Verlust oder Missbrauch von Daten schon miteingebaut: „Die Sicherheitsstandards, die unsere Rechenzentren aufweisen, sind für kleine und mittlere Unternehmen nicht erreichbar – beziehungsweise wären sie mit nicht vertretbaren Kosten verbunden.“
6. Fokussieren
Es gibt Unternehmensbereiche, für die ist die Cloud wie geschaffen. Etwa da, wo unternehmensübergreifend oder mit Freelancern zusammengearbeitet wird, oder wo die Mitarbeiter häufig im Außendienst sind. Hier kommt man an der Wolke kaum mehr vorbei. Als Beispiel nennt Kintzi den Vertrieb: „Mit SAP Sales OnDemand laufen alle Fäden zusammen, das erleichtert die Kommunikation und senkt den Adminstrationsaufwand.“ Für jeden Kunden wird ein eigener Arbeitsbereich angelegt, in dem alle Neuigkeiten gepostet, Dokumente zugänglich gemacht und Vertriebsaktivitäten koordiniert werden. So haben alle Mitarbeiter, die mit diesem Kunden zu tun haben, immer den selben Wissensstand.
7. Prüfen
Und auch die Anbieter kommen nicht mehr an der Wolke vorbei. „Viele preisen Cloudlösungen an, die gar keine sind“, warnt Peter Garlock, der Cloudspezialist von IBM Österreich, „man sollte sich die Angebote also genau ansehen, damit man sich nicht am Ende in einem klassischen Outsourcing-Vertrag wiederfindet.“ Das müssen noch lange keine schlechten Produkte sein, aber sie können die Erwartungshaltungen nicht erfüllen, die mit der Cloud verbunden sind.